Wenn nach der Pandemie die Scherben zusammengekehrt werden, ist Upcycling ein generationsübergreifender Ansatz, der eine für Kunst ungewöhnlich breite Zielgruppe anspricht.
Upcycling muss aus der Bastelecke in den gesellschaftlichen Raum, dieser Kunstpreis zielt auf Wertschätzung und Vernetzung der Kreativen einer materialgebremsten Avantgarde. Die Kunst darf Umweltschutz nicht mehr nur im Titel tragen.
Die digitale Disruption hat gezeigt, dass gute Exponate oft wichtiger sind als die klassische Ausbildung an Prestigeschulen, hier kann sich jede angesprochen fühlen, die das Anliegen teilt und jeder, der so künstlerisch arbeitet. Wir sind jetzt in der Minderheit. Studien belegen, dass die Zahl der von uns geschaffenen Dinge die Biomasse der Erde übertrifft. Gleichzeitig bringen wir den Dingen Denken bei, demnächst wird wohl künstliche Intelligenz mitentscheiden. Eine verlängerte Nutzungsdauer der Dinge kann uns bei Ressourcenknappheit und Müll helfen, und es ist etwas, was wir alle selbst tun können. Erstaunlich ist nun, dass die Kunstwelt noch zurückhaltend ist. Der UpcyclingKunstverein unterstützt das Zentrum für zirkuläre Kunst und Künstler, die mit schon vorhandenem Material umgehen.
Seit der Moderne verarbeitet Kunst immer offensichtlicher Alltagsdinge, um die Kluft zwischen Leben und Kunst zu überwinden, Lesbarkeitsschichten in die Werke einzufügen, Kontext herzustellen oder aus Faszination für bereits gebrauchtes Material. Dazu kommt eine weltweite Upcycling-Bewegung mit dem ökologischen Gedanken, bereits produzierte Dinge länger und anders zu benutzen. Wegwerfen – ENTSORGEN – ist schnell und irreversibel geworden. Auch Dinge, die früher einmal für eine Lebensspanne gedacht waren, werden zu schnell zu Müll. Eine der wichtigsten Aufgabe unserer Zeit ist, Abfall wieder zu vermindern, die Nutzungsdauer der Dinge zu verlängern und vom passiven Konsumenten der die immer nächsten Kollektionen wieder zu Reparatur, Um- und Aufarbeiten zu kommen. Der eigene Umgang mit Dingen wird thematisiert, die individeulle Verantwortung für Ressourcen und Umweltbelastung.
Upcycling geht mit dem um, was schon da ist. Es ist die Transformation von bereits Genutztem in etwas möglichst Höherwertiges – im Unterschied zu Recycling, wo das Material zurück im Produktions-Prozess Eigenschaften einbüßt. Mit Upcycling werden Dinge veränderten Lebensumständen angepasst, umgenutzt, länger gebraucht oder umgestaltet. Ein individueller Stil entsteht. Upcycling schafft Kunst, Unikate, Prototypen, kreative Problemlösungen oder interessante Rauminstallationen. Es kann identitätsstiftend, gesünder, Team bildend, Kosten sparend oder Image unterstützend wirken, – mindestens aber vermeidet es Abfall.
Institutionen und Firmen hilft Upcycling bei der Einrichtung mit interessanten Unikaten, es schafft Content für die sozialen Plattformen oder schmückt Partys, Messen und Tagungen. Es befördert das Gespräch und auch nonverbal lässt sich die eigene Botschaft umweltbewusst darstellen. Upcycling ist auch eine innovative Methode, die eigene Geschichte zu erzählen. Mit inszenierten Archivalien entstehen anregende Environments. Diese Raumgestaltungen sind inspirierend für Besucher und in Meetings. Und sie bilden einen signifikanten Hintergrund für Videokonferenzen, Instagram, Pressetermine,… Konventionelles Marketing ist in einer Glaubwürdigkeitskrise, die klassischen Medien spielen eine immer geringere Rolle. Beziehung wird zum Maß aller Dinge. Wenn Kollegen, Kunden oder Kooperationspartner von sich aus Fotos meiner Upcyclinginstallationen in den sozialen Netzwerken verbreiten, sind dies unbezahlbare Komplimente.
Jede Region blickt auf eine unvergleichlich interessante und ausdifferenzierte Produktionsgeschichte zurück. In allen Familien wurden Dinge gepflegt und vererbt. Indem wir die Nutzungsdauer der schon vorhandenen Dinge verlängern wollen wir mit einem neuen Materialverständnis nachhaltig wirken. Und Upcycling zelebriert Individualität durch echte Unikate. Dabei ist es quasi vierdimensional, denn es bringt eine Zeitebene hinein, die die ursprüngliche Herstellung, Nutzung, ein Scheitern und die Transformation mit zeigt.