Die Fachjury 2021 hat in diesem Podcast ihre Entscheidungen erklärt und begründet. Für die freundliche Moderation danke wir Steen Lorenzen von RadioEins.
Tanja Grass, Intendantin und Gründerin von Drap-Art – gegründet 1995 in Barcelona, offene Künstlergruppe und Plattform, die das ready-made Konzept weiterentwickelt und ökologische Nachhaltigkeit im Prinzip der 3 R „reduir, reutilizar & reciclar“ verknüpft, Kunstfestivals angesprochen in 16 Ländern mit einem Netzwerk von rund 800 Künstlern.
Thomas Klotz , Influencer und TV-Moderator „Schätze aus Schrott“ ist selbst Upcycler.
Cora Knoblauch ist Kunsthistorikerin, Radiojournalistin und Autorin des monatlichen Wissenschafts-Podcasts der Humboldt-Universität. Sie hat dank ihrer Kinder täglich mit Upcycling zu tun und durch ihre Kolumne „Art aber fair“ den Überblick.
Tanja Grass, 1962 in Säckingen geboren, wuchs in Formentera auf, als Tochter eines Malers und Kunsthistorikers, als Cousine, Nichte und Großnichte von Künstlern und umgeben con Intellektuellen. Sie hat ihren Studienabschluss in deutscher, englischer und spanischer Philologie und ist ausgebildete Dolmetscherin. Sie übersetzt in der Welt der Politik ebenso wie für Publizisten oder Comiautoren. Seit über 20 Jahren ist sie in der Kulturwelt von Barcelona aktiv, gestaltete die Underground- und Alternativbewegungen der freien Szenen im Barcelona der 90er Jahre mit und organisierte Veranstaltungen wie Palepoesía Urbana de Pueblo in Zusammenarbeit mit Accidents Polipoètics. 1995 gründete sie den Drap-Art-Verein und ist seitdem verantwortlich für dessen Management und die Leitung der Internationalen Festivals für Kunst und Nachhaltigkeit. Der Name kommt aus dem Katalanischen Drap bedeutet Geschirrtuch oder Putzlumpen. Es ist der Drapaire, der Müll, Flaschen und Altpapier sammelt. Um sich selbst zu definieren, nennen sie sich Drapieres der Kunst erklärte Tanja Grass anlässlich des Festivals in Uruguay 2017. Diese offeneKünstlergruppe wurde 1995 in Barcelona als Plattform für Künstler gegründet, die das ready-made Konzept weiterentwickeln und mit ökologischer Nachhaltigkeit verknüpfen. Auch wenn sie v.a. in Spanien arbeiten,waren sie inzwischen in 16 Ländern präsent –von Pittsburgh bis Buenos Aires, mit einem Netzwerk von rund 800 Künstlern. Der Sensibilisierungsgedanke spielt hier ein große Rolle, der Spaß am Material und der Austausch.Künstler, Designer, Handwerker und kreative Fachleute kommunizieren zu Umwelt-und Sozialfragen, vor allem geht es um verantwortungsbewussten Konsum nach dem Prinzip der 3 R: reduir, reutilitzar & reciclar. Ein junges, breites Publikum wird mit den Kunstfestivals angesprochen. Auch wenn arrivierte Künstler teilnehmen oder Werke durch die live Performances und das Internet bekannt werden, passt diese anarchistische Kunstströmung nicht in den kommerziellen Kunstbetrieb. Aber die Stimmung dringt bis in die white cube-Gallerienund auf die teuren Kunstmessen. Auch wenn das „Künstlergenie“und die Kuratorenhandschrift den Focus auf gebrauchtes Material verzerren, sieht Tanja Grass in Upcyclingkunst die Stimmung nach der Pandemie.
„Ich passe in keine Schublade, aber ich upcycle sie gern!“ Thomas Klotz ist Künstler durch und durch. Aufgewachsen auf dem Land in einer großen Familie mit vielen Tieren, wurde sein handwerkliches Geschick schon früh gefordert. „Wir mussten schon immer mit anpacken. Das Geld war oft knapp, aber meine Eltern waren Meister der Improvisation.“ Bereits als Kind entdeckte er seine Leidenschaft zur Kunst – der bildendenden aber auch der darstellenden. Mit 17 Jahren begann er sein Studium an der Folkwang Universität der Künste. Nach seinem Bachelor of Arts sang und spielte er große Rollen in renommierten Theatern. Er ist Preisträger des Deutschen Musical Theaterpreises : Bester Hauptdarsteller in einem Musical”. Schon während seiner Bühnenkarriere pflegte er auch die Leidenschaft zum Upcycling. „Meine erste eigene Wohnung habe ich fast ausschließlich mit Sperrmüll eingerichtet. Was nicht passte, sei es optisch oder praktisch, wurde passend gemacht.“ Bald kamen erste Aufträge: nachhaltiges Interiordesign von Privatwohnungen, über Büros bis hin zu öffentlichen Einrichtungen wie Grundschulen und Stadteilzentren. Neben der Bühne, wo man den Zuschauern Momente und Erinnerungen schenkt, faszinierte es ihn auf der anderen Seite, etwas herzustellen, das bleibt: Möbel, Accessoires und Kunst. Etwas das man anfassen kann. Gegenstände mit Geschichte. Bei Inszenieren kommt ihm seine Bühnenerfahrung nur entgegen:„ Als Schauspieler schaffst Du ständig etwas aus dem Nichts. Du fängst bei Null an und brauchst eine Menge Phantasie,Dich in andere Personen, Orte und Zeiten zu denken.“ 2018 bekam er eine eigene Fernsehsendung zum Thema Upcycling: SCHÄTZE AUS SCHROTT – RTL. Hier konnte er seine Qualitäten als Entertainer und Moderator, aber vor allem als Upcycler unter Beweis stellen und machte sich deutschlandweit einen Namen. „ Ich wollte schon immer Menschen inspirieren und ermutigen Dinge selber zu machen, statt sie neu zu kaufen. Was entsteht ist nachhaltig, individuell und vor allem kann der Prozess sehr heilsam sein für die Seele.“ Thomas hat sein Atelier in Berlins bekanntester Antikmeile, der Suarezstraße, aber man findet ihn und seine Kreationen vor allem auch online.
Cora Knoblauch, Radiojournalistin und Kunsthistorikerin, 1976 geboren in Berlin. Aufgewachsen in einer Künstlerfamilie, die einen Fernseher zu Hause strikt ablehnte, bestand das Wochenendprogramm ihrer Kindheit in der Regel aus Galerie- und Museumsbesuchen und Streifzügen durch (West)Berlin. Höhepunkt: die Besuche bei befreundeten Künstlern in deren Ateliers in Berlin-Kreuzberg. Cora: „Deren Leben bestand aus Upcycling, da gab es das Wort noch gar nicht.“ Nachmittags werkelte sie als Kind oft in der Werkstatt ihres Vaters am Klausener Platz, der damaligen Künstlergemeinschaft K19. Die Sommer verbrachte die Familie meist in abgelegenen Dörfern in Südspanien. „Eher Camping-Style. Oft hatten wir Unterkünfte ohne Strom, ohne fließend Wasser. Meine Eltern liebten die Improvisation.“ Für ein Schuljahr zog Cora Mitte der 90er Jahre nach Wyoming, USA. „Mein Gastvater war Radiomoderator bei einem kleinen lokalen Radiosender. Er moderierte jeden Abend eine zweistündige Sendung, in der er völlig frei über Popkultur und Themen erzählte, die ihn bewegten. Das fand ich total faszinierend.“
Während ihres Studiums der Kunstgeschichte verbrachte Cora ein Jahr in Granada, später mehrere Monate in Bolivien. Nach ihrem Studienabschluss an der Humboldt-Universität zu Berlin begann sie bei sie zunächst als Praktikantin bei Radioeins (RBB), um das zu machen, was sie seit ihrer Schulzeit immer beruflich machen wollte: Radiojournalismus.
Für mehrere Jahre arbeitete sie neben ihrer Tätigkeit beim RBB auch beim Deutschlandfunk Kultur als Redakteurin und Autorin unter anderem für die Architektur- und Design-Rubrik „Gestalten“. Mittlerweile ist Radioeins wieder ihre homebase, wo sie als freie Redakteurin für die Kulturplanung zuständig ist. Als Reporterin und Autorin spricht sie im Radio am liebsten über Ausstellungen und Theaterpremieren, sowohl für Radioeins als auch für Inforadio.
Seit 2019 ist Cora Autorin des monatlichen Wissenschafts-Podcast der Humboldt-Universität. Das Thema Upcycling bestimmt erst wieder ihr Leben, seitdem sie Kinder hat. Die verbauen nämlich permanent Kartons und Müll und wollen partout nichts wegwerfen, sagt sie. „Die können Upcycling auf jeden Fall besser als ich!“